Vom 12. bis 17. September fand in Ostfriesland zwischen Aurich und Norden im Rahmen des Moduls „Spezielle Physische Geographie“ eine Geländeübung in der Region rund um den Ort Osteel statt.
In freundlicher Kooperation mit dem Niedersächsischen Institut für historische Küstenforschung (NIhK, Dr. Friederike Bungenstock, Dr. Annette Siegmüller, Dr. Svea Mahlstedt) standen dabei Fragen zur Landschaftsgenese des Raums im Mittelpunkt, zu dessen Beantwortung Geländedaten mittels geophysikalischer Prospektion, DirectPush-Verfahren und Bohrungen Daten gewonnen wurden.
Die konkreten Fragestellungen waren dabei in zwei Teiluntersuchungsgebiete geteilt. Allgemein befindet sich das Gebiet am Übergang der norddeutschen Geest- zur Marschlandschaft und spiegelt somit insbesondere die post-glaziale Küstenentwicklung unter Einfluss des steigenden Meeresspiegels im Holozän wider.
Ein besonderes Augenmerk galt der Prospektion eines ehemaligen Pingos, einer periglazialen geomorphologischen Form innerhalb der Geest, welcher im Verlauf des Holozäns als ehemaliger See verlandet ist und abschließend Teil der Marschlandschaft wurde. Daher können durch die Analyse der Sedimentverfüllung dieses besonderen Archivs Einblicke in die Landschafts-, Klima- und Küstenentwicklung gewonnen werden. Eine Fragestellung bezieht sich dabei auch auf den potentiellen Zusammenhang des Sees im ehemaligen Pingo mit mesolithischen Funden im Umfeld und der Relevanz dieser Landschaftseinheit für den Menschen zur damaligen Zeit.
In einem anschließenden Teiluntersuchungsgebiet ist der Frage nach ehemaligen Landoberflächen im Zusammenhang mit variierenden Meeresspiegelveränderungen nachgegangen. Die Prospektion von sogenannten Dwog-Horizonten, ehemalige humose Oberböden innerhalb der Marschlandschaft, die durch nachfolgende Marschablagerungen wieder überdeckt wurden, ist dabei insbesondere durch den Einsatz der DirectPush-Systeme durchgeführt worden.
Neben den Geländearbeiten konnten die Studierenden bei der halbtägigen Teilnahme an einem Workshop zu Surveystrategien für mesolitische Fundplätze am NiHK in Wilhelmshaven auch einen tiefergehenden Einblick in die Forschungsarbeiten in der Region erhalten. In einem Vortrag zu Direct Push-Verfahren in geoarchäologischen Fallstudien hat Dr. Peter Fischer dabei ebenfalls vielfältige Anwendungsbeispiele gezeigt.
Einen gelungenen Abschluss der Geländewoche bot eine Exkursion zur Leybucht und Nordseeküste bei Greetsiel. Auf der Fahrt konnte eindrucksvoll gezeigt werden, dass das Untersuchungsgebiet, heute ca. 5 km von der Küste entfernt, maßgeblich durch anthropogene Veränderungen seit historischer Zeit geprägt ist und der Zusammenhang von historischer Landgewinnung, (älterem) Deichbau und aktuellen Küstenschutzmaßnahmen ein räumliches Kontinuum darstellt. Damit kann das heutige und insbesondere auch das zukünftige Erscheinungsbild dieser extrem „jungen“ Landschaft nur in enger Verknüpfung von anthropogenen und (quasi-) natürlichen Formungsprozessen erfasst werden, wobei das Verständnis der (prä-)historischen Entwicklung die Grundlage bildet. Insgesamt kann daher von einer sehr vielfältigen Geländeerfahrung gesprochen werden, in der die Geomorphologie als wichtigster Ausgangspunkt den Kern gebildet hat.