Gegenstand der Geomorphologie sind die Oberflächenformen der Erde sowie die Vorgänge, die zu ihrer Bildung, Weiterentwicklung und Zerstörung führen, und zwar stets mit Blick auf einen räumlich-integrativen Ansatz zur Rekonstruktion der Landschaftsgenese. Hierbei steht insbesondere die Erfassung der räumlichen Variabilität von Erosion und Akkumulation von Sedimenten sowie der Dynamik von Formungsvorgängen im Fokus. Die Geomorphologie stellt daher eine Kerndisziplin der Physischen Geographie dar; gleichzeitig existieren fruchtbare Überschneidungen mit der Sedimentologie und der Quartärgeologie. Mittels geomorphologischer Gelände- und Labormethoden lassen sich sowohl retrospektiv-paläogeographische als auch aktuo-geomorphodynamische und prospektive Aussagen zur Landschaftsentwicklung ableiten.
Im Forschungs- und Lehrgebiet Natural Hazard Research and Geoarchaeology – Naturrisiko-Forschung und Geoarchäologie am Geographischen Institut der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (Leitung: Prof. Dr. Andreas Vött ) liegt ein Schwerpunkt in der geomorphologisch-sedimentologischen Erfassung, Analyse und Bewertung extremer Naturereignisse und deren Bedeutung für die Reliefgenese. Hierzu gehören Bergstürze, Sturmereignisse, Hochwasserereignisse entlang von Flüssen, Vulkanausbrüche, Erdbeben und Tsunamis. In alten Kulturlandschaften spielt die stark interdisziplinär ausgerichtete Untersuchung früherer Mensch-Umwelt-Wechselwirkungen eine bedeutende Rolle. Geoarchäologische Leitfragen, die gemeinsam mit den Disziplinen der Archäologie und der Alten Geschichte bearbeitet werden, sind beispielsweise, inwiefern einerseits natürliche Faktoren den Gang der Kultur über die Erde beeinflussten, und andererseits der Mensch durch sein Wirken die natürlichen Gegebenheiten veränderte oder zerstörte. Es bestehen enge Vernetzungen zum M.Sc.-Studiengang Klima- und Umweltwandel, der zum WS 2010/11 am Geographischen Institut der Johannes Gutenberg-Universität Mainz eingeführt wurde.
Gegenwärtige Forschungsschwerpunkte liegen in der Paläotsunami-Forschung und der Bearbeitung geoarchäologischer Fragestellungen im Mittelmeerraum und in Mitteleuropa. Die Arbeitsgruppe verfügt über eine vielseitige Ausstattung an Bohrgeräten und Instrumenten zur topographischen Vermessung und geophysikalischen Prospektion. Gleichzeitig ist ihr das Geo-Labor des Geographischen Instituts zugeordnet, in dem neben geomorphologischen auch geoökologische Analysen betrieben werden.
Die Erforschung des Heiligtums von Olympia blickt auf eine lange Tradition, seine Einbettung in das regionale Umfeld ist hingegen noch nicht umfassend untersucht. Mit dem Olympia-Projekt wurde eine systematische landschaftsarchäologische Erkundung (2015-2018) initiiert. Die Aktualisierung bisheriger Forschungen, eine erstmalige Charakterisierung der Siedlungsstrukturen, die Sichtbarmachung einer in extremem Maße sakralisierten Landschaft wie auch massive Veränderungen der (Paläo-)Umwelt im Umland von Olympia sind erste Ergebnisse. Im Zentrum der Fortsetzungsphase (2019-2022) stehen deren detaillierte Auswertung, die Korrelierung der Mythistorie und allgemeinen Geschichte sowie die Klärung von Fragen zur Paläoumwelt.
Ab 2026 strebt die Forschungsgruppe FOR 5837 | TORF die systematische multidisziplinäre Untersuchung und räumlich-zeitliche Rekonstruktion der mittelalterlichen Küstenlandschaft Nordfrieslands (Schleswig-Holstein, Deutschland) an, die 1362 n. Chr. während einer schweren Sturmflut versank.
Im Rahmen des LANDGRABEN-Projekts sollen die Eingriffe der Römer in die Fließgewässerstruktur entlang des Landgrabens im Hessischen Ried, einer Grenzregion des Römischen Reichs, für die Zeit zwischen Christi Geburt und dem 5. Jh. n. Chr. rekonstruiert werden.
Das Verbundprojekt Weschnitz Fluvioscape untersucht die Weschnitzaue auf ihrem Weg zu einer fluvialen Anthroposphäre, die maßgeblich vom Kloster Lorsch (UNESCO-Welterbe, Bundesland Hessen) und seinen weltlichen Nachfolgern geprägt wurde.
MULTI-MAREX, koordiniert von Prof. Dr. Heidrun Kopp (GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel), entwickelt ein Real-Labor zur Untersuchung geomariner Extremereignisse wie Erdbeben, Vulkanismus und Tsunamis im zentralen Mittelmeerraum.
Informationen zu laufenden DFG Forschungsprojekten finden Sie auch im Informationssystem GEPRIS der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
Bezüglich Anfragen zur Unterstützung von wissenschaftlichen Projekten und Kooperationen wenden Sie sich gerne an Prof. Dr. Andreas Vött.
Inhaltliche und wissenschaftsgeschichtliche Schwerpunkte zu Lehrveranstaltungen der AG Geomorphologie
Die AG Geomorphologie bietet Lehrveranstaltungen im Rahmen folgender Studiengänge an:
- Geographie (Bachelor of Science, Bachelor/Master of Education)
- Klima- und Umweltwandel – Angewandte Erdsystemwissenschaften (Master of Science)
- Geowissenschaften (Bachelor of Science)
Informationen zu aktuellen Lehrveranstaltungen entnehmen Sie bitte folgender Seite: